Der lange Schatten von Abu Ghraib
Die Welt
„The Card Counter“ von Regisseur Paul Schrader ist eine tiefreligiöse Geschichte um Rache, Läuterung und Erlösung. Oscar Isaac brilliert als professioneller Kartenspieler. Sein Pokerface verdankt er einem furchtbaren Trauma.
Ein sogenannter Tell beschreibt im Poker eine Änderung im Verhaltens eines Spielers, die Rückschlüsse auf seine Karten erlaubt. So gesehen ist schon der Name der Hauptfigur, die Oscar Isaac in Paul Schraders Film „The Card Counter“ spielt, ein Tell: Sie heißt William Tell.
Der Name ist natürlich auch in einer weiteren Hinsicht ein sprechender, indem er an die Legende von Wilhelm Tell erinnert, den Schweizer Gründungsmythos, in dem ein unbescholtener Bürger in eine perverse Situation hineingezwungen wird. Er muss dem eigenen Sohn mit der Armbrust einen Apfel vom Kopf schießen. Er trifft. Für den Fall, dass er danebengeschossen hätte, wäre der nächste Pfeil für den sadistischen Landvogt Gessler reserviert gewesen. Auf dieses Geständnis hin wird er zu Kerkerhaft verurteilt, kann aber fliehen, lauert Gessler in der berühmten „hohlen Gasse“ auf und erschießt ihn.