Der Freund der Außenseiter geht
Frankfurter Rundschau
Der Verleger übergibt sein Lebenswerk an den Schweizer Kollegen Daniel Kampa. Von Claus-Jürgen Göpfert
Er hat stets betont, wie wichtig ihm die Unabhängigkeit sei. Sein Verlag fühle sich nicht wohl in einem großen Konzern. Doch jetzt hat der Frankfurter Klaus Schöffling sein Lebenswerk in andere Hände gelegt. Vom 1. Januar 2022 an gehört das Haus im Frankfurter Bahnhofsviertel zu den Firmen von Daniel Kampa in Zürich. Das ist ein Einschnitt in der Branche. Denn der heute 67-jährige Schöffling hat sich seit der Gründung im Dezember 1993 in die erste Reihe der deutschsprachigen Belletristik-Verlage vorgearbeitet.
„Ich bin dankbar für unvergleichliche Jahrzehnte, für die Arbeit, die Erfolge, die Zusammenarbeit, für Auseinandersetzung, Streit und Diskussion“: So knapp bilanziert der frühere Suhrkamp-Lektor selbst, was er erreichte. Zweimal gewann er den Preis der Leipziger Buchmesse, 2016 für den besten Roman mit dem 1000-seitigen „Frohburg“, einem Nachkriegs-Panorama, um das der vergessene Autor Guntram Vesper Jahrzehnte gerungen hatte. Schöffling besuchte Vesper in seiner einsamen Schreibklause in Göttingen, ermutigte ihn, den Text abzuschließen. Das war typisch für das Selbstverständnis des Verlegers. Bei Suhrkamp hatte er sich als Spezialist für die deutsche Exil-Literatur einen Namen gemacht. Mit dem eigenen Verlag holte er Autorinnen und Autoren wieder ins Rampenlicht, die nach der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur vergessen und verdrängt worden waren: Gabriele Tergit, Valentin Senger, Martin Kessel, Paul Kornfeld und viele andere.
Er gründete eigens dafür 2010 ein literarisches Festival, „Frankfurt liest ein Buch“, die Idee kam ihm in der Badewanne. Im Frühjahr 2022 wird Irmgard Keuns Exil-Roman „Nach Mitternacht“ hier das Thema sein. Schöfflings Spezialität sind literarische Außenseiter wie Ror Wolf , der fünf Jahrzehnte an der Schnittstelle von Literatur und Bildender Kunst arbeitete. Allein dessen Texten und Collagen widmete er zwei Gesamtausgaben. Als das Werk des Frankfurter Schriftsteller-Rebells Peter Kurzeck seine verlegerische Heimat verlor, weil KD Wolff mit Stroemfeld in Konkurs ging, übernahm Schöffling dieses Erbe. Er hat Schreibende entdeckt und gefördert, die dann zu Stars des Literaturbetriebes aufstiegen. Ein Beispiel ist Juli Zeh. Am Ende kaufte ihm ein Verlags-Großkonzern Zeh buchstäblich weg. „Das ist im Verlagswesen nicht anders als in der Bundesliga,“ kommentierte der Düpierte lakonisch.