Demokratische Republik Kongo: Machtlos gegen Rebellen
DW
Auch Angola schickt Truppen: Mit immer neuen Allianzen will der Kongo die Gewalt im Osten militärisch stoppen. Doch stattdessen nehmen die Massaker zu. Versorgungsengpässe und eine neue Massenflucht sind die Folge.
Um das Ausmaß der Krise im Kongo zu verstehen, lohnt ein Blick in das Nachbarland Tansania: Seit Anfang März kommen dort täglich 300 bis 600 kongolesische Flüchtlinge an, meldet das Flüchtlingsamt des tansanischen Innenministeriums. Die Menschen würden im Nyarugusu-Camp im Westen Tansanias untergebracht, sagt der Leiter des Flüchtlingsamts Sudi Mwakibasi im DW-Interview - und betont: "Wir kommen damit unserer grundlegenden Pflicht beim weltweiten Flüchtlingsschutz nach."
Die Angst der Menschen gilt den Angriffen verschiedener Rebellengruppen im Nordkivu wie der M23. So berichtet es Selemani Malembe, der sich in die Stadt Kigoma am Ufer des Tanganyika-Sees geflüchtet hat. "Wir bitten die Regierung, dass sie uns hilft. Viele Familien werden umgebracht." Er selbst wisse nicht, wo seine Frau und seine Kinder seien, sagt er, und seine Stimme stockt.
Die Rebellenmiliz M23, 2012 gegründet als "Bewegung des 23. März", hatte vergangenes Jahr einen neuen Vormarsch im Nordkivu begonnen. Seit Monaten wird verhandelt, mehrere Waffenstillstandsabkommen sind gescheitert.
In den letzten Wochen ist zudem eine andere Bedrohung in den Vordergrund gerückt: Um die Stadt Beni, im Norden der Kivu-Region, haben Kämpfer der ADF-Miliz, die sich der Terrorgruppe Islamischer Staat zurechnet, mehrere Massaker verübt, Dutzende Menschen erschossen oder mit Macheten ermordet. Dabei gibt es seit 2021 die "Operation Shujaa", eine gemeinsame Militäroperation der kongolesischen und der ugandischen Armee. Doch nach mehr als einem Jahr steht infrage, wieviel die Operation bewirken kann - zumal die Anschläge zunehmen, seitdem sie Ende Februar einen der Anführer der ADF getötet hat.
Adolphe Agenonga Chober von der Universität Kisangani bedauert, dass die Friedenssicherung mehr und mehr dieser gemeinsamen Truppe überlassen werde. "Dabei kontrolliert diese nicht das ganze Gebiet, in dem die ADF aktiv ist", gibt der Konfliktforscher im DW-Interview zu bedenken. Außerdem gebe es Verwirrungen, seitdem Bürgermilizen unter dem traditionellen Sammelbegriff Mai-Mai als Hilfskräfte der Armee anerkannt worden seien: "Manchmal ist es schwer zu sagen, ob es sich bei einer bewaffneten Gruppe um ADF-Kämpfer handelt oder um anerkannte Mai-Mai-Selbstverteidigungsgruppe."