
Dass die Brücke einstürzen würde, war klar
n-tv
Fünf Jahre sind seit dem Brückenunglück in Genau verstrichen. Vor Gericht sagt ein Zeuge, dass man schon seit 2010 von der Einsturzgefahr wusste. Doch niemand unternahm etwas, auch er nicht.
Es gibt ein italienisches Sprichwort, das auf Deutsch mehr oder weniger so lautet: "Der Reinste hat die Krätze." Soll heißen: Wer sich selbst für moralisch sauber hält, ist trotzdem ein Halunke. Das passt hervorragend zu den jüngsten Enthüllungen über den Einsturz der Morandi-Brücke in Genua vor fünf Jahren. Das Unglück ereignete sich am 18. August 2018 und riss 43 Menschen in den Tod.
"2010 sagte man uns: 'Die Brücke wird einstürzen.' Ich unternahm aber nichts, weil ich Angst um meinen Arbeitsplatz hatte", sagte Gianni Mion, heute 79 Jahre alt, am Montag. Mion war der langjährige Vorstandsvorsitzende des Unternehmens Edizione, der Benetton-Holding, die zum Zeitpunkt der Tragödie auch den Autobahnbetreiber Autostrade per l’Italia (Aspi) kontrollierte. Er war als Zeuge vor Gericht geladen.
Bei dem von Mion erwähnten Treffen waren auch der Aspi-Vorstandsvorsitzende Giovanni Castellucci und der zwei Monate nach dem Brückenunglück verstorbene Gilberto Benetton anwesend. Es habe damals geheißen, die Brücke weise einen Entwurfsfehler auf, der früher oder später unweigerlich zum Einsturz führen würde. "Ich fragte noch, ob es jemanden gebe, der die Befahrbarkeit der Brücke bestätige, und [der damalige Aspi-Generaldirektor] Riccardo Mollo antwortete mir: 'Das zertifizieren wir uns selbst.' Ich sagte darauf nichts (...), unternahm nichts. Und das bereitet mir bis heute großen Kummer."
