
Das Tennis-Märchen zwischen Liebe und Hass
n-tv
Das australische Tennis-Doppel Nick Kyrgios und Thanasi Kokkinakis begeistert die einen und sorgt bei den anderen für Ärger oder wenigstens Entsetzen. Nun holten beide tatsächlich den größten Titel ihrer Karriere. Er ist historisch.
Stan Wawrinka wird dieser Tage möglicherweise an eine alte Geschichte zurückdenken. An einen der verstörenden Momente der jüngeren Tennisgeschichte. Vor gut sechs Jahren spielte der Schweizer Weltklassespieler gegen den damaligen Aufsteiger Nick Kyrgios, seinerzeit 20 Jahre alt. Im zweiten Satz des Matches sagte Kyrgios, gut eingefangen von den Außenmikrofonen, in Richtung Wawrinkas: "Kokkinakis banged your girlfriend, sorry to tell you that, mate", sagte Kyrgios: "Kokkinakis hat deine Freundin gebumst, sorry, dir das sagen zu müssen, Kumpel."
Wawrinka musste später wegen Rückenproblemen aufgeben - und gab sich hinterher entsetzt: "Es ist so enttäuschend, dass ein Kollege in einer Weise respektlos sein kann, die man sich nicht einmal ausmalen konnte“, schrieb der zweimalige Grand-Slam-Champion: "Das würde ich nicht einmal zu meinem schlimmsten Feind sagen. So tief zu sinken, ist inakzeptabel und jenseits jeder Vorstellungskraft." Was an der Geschichte dran war, wurde nicht aufgelöst. Es ist auch egal. Thanasi Kokkinakis und Nick Kyrgios jedenfalls sind immer noch da. Am heutigen Samstag spielen beide gemeinsam um den Doppel-Titel bei den Australian Open. Und sie sorgen in Australien dieser Tage mal wieder für Ärger. Bei den einen. Die anderen begeistern sie. Und die anderen sind viele, viele mehr.
Denn Kokkinakis und Kyrgios wurden vom australischen Verband mit einer Wildcard in die Doppelkonkurrenz der Australian Open geschickt. Im Einzel spielten beide beim ersten Grand-Slam-Turnier der Saison keine nennenswerte Rolle, das Männer-Doppel aber haben sie gekapert. Und gewannen tatsächlich überlegen den größten Erfolg ihrer Karriere. Dem australischen Weltklasse-Duo Max Purcell und Matthew Ebden ließen sie im ersten rein australischen Doppel-Finale seit 1980 beim 7:5, 6:4 keine Chance. Damit holte sich erstmals in der Profi-Ära seit 1968 ein Doppel den Sieg, das nur dank einer Wildcard am Turnier teilnahm. Und wie immer war es eine große Show. Das große und irgendwie logische Ende einer wilden Reise.
