Das Risiko mit der Sicherheit
Süddeutsche Zeitung
Einen Sport auf der Kante etwas sicherer machen: Das war das Versprechen, als der Rücken-Airbag vor sechs Jahren im alpinen Weltcup eingeführt wurde - aber heute misstrauen ihm viele Skirennfahrer.
Es war wieder einer dieser Momente, in dem alles versiegte, auf einen Schlag: der Hochgeschwindigkeitsrausch des Skirennfahrers, die Heiterkeit der Menschen im Ziel. Matthias Mayer hatte es gerade auf einer der vielen Wellen der tückischen Saslong-Piste in Gröden abgeworfen und auf den Rücken katapultiert, auf brettharten Schnee. Bald hörte man nur noch das Knattern des Rettungshubschraubers. Dann die ersten Gerüchte, Mayer gehe es gut, ehe am Abend das ernüchternde Krankenbulletin eintraf: Der Österreicher, einer der Besten seiner Zunft, hatte sich bei dem Aufprall zwei Wirbel gebrochen. Seine restliche Saison: beendet.
Als das Unfallopfer damals, vor sechs Jahren, noch auf der Piste versorgt wurde, stand ein Mann im Zielbereich, der plötzlich sehr gefragt war. Er war beim Hersteller des sogenannten Airbags angestellt, der im Weltcup gerade Marktreife erlangt hatte. Die neue Technik sollte einen Sport auf der Kante ein wenig sicherer machen, Mayer hatte sie damals als einer von wenigen Fahrern angelegt.
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Und ja, bestätigte der Mann im Ziel, dieser Rückenpanzer habe rund um den Athleten gerade ein schützendes Luftpolster aufgeblasen, binnen Millisekunden, bevor Mayer aufschlug. Es war das erste Mal, dass der Airbag im Weltcup ausgelöst hatte. Zum Glück, mutmaßten viele - darunter auch Mayer selbst -, sonst hätte sich der Gestürzte wohl schlimmer verletzt.
Heute ließen sich für diese These wohl nicht mehr ganz so viele Anhänger gewinnen. Gespräche mit Fahrern und Experten legen nahe, dass ein Sicherheits-Feature, das der Ski-Weltverband Fis einst stolz präsentierte, immer häufiger Sicherheitsbedenken hervorruft (auch wenn der Hersteller derartige Bedenken zurückweist).