
Das neue Lieblingskind der Fußball-Bundesliga
n-tv
Elf Mal in Folge ist der FC Bayern Deutscher Meister geworden. In Fußball-Deutschland gibt es nicht wenige, die das Ende dieser Eintönigkeit herbeisehnen. Mit Bayer Leverkusen steht eine Mannschaft parat, die das wahr werden lassen könnte.
Bayer 04 Leverkusen war bislang nicht bekannt dafür, die Fußball-Nation hinter sich zu vereinen. Bekannt eher als Gegner des VfL Wolfsburg im "El Plastico", stand die Werkself für die große Gleichgültigkeit im deutschen Fußball. Weil der Verein schon so lange zum Establishment gehört, ist er nicht so unbeliebt, wie die mit sehr viel Geld erschaffene TSG Hoffenheim oder das mit noch viel mehr Geld erschaffene RB Leipzig. Doch seit Wochen wächst Bayer Leverkusen zu neuer emotionaler Größe. Als Tabellenführer der Bundesliga, als spektakulärste Mannschaft des Landes, als seit 31 Spielen ungeschlagenes Team, taugt die Werkself plötzlich, um die so große Sehnsucht nach einem elf Jahren "Tyrannei" des FC Bayern zu beenden.
Ja, andere Teams haben das auch schon probiert. Allen voran Borussia Dortmund. Doch die Schwarzgelben waren immer wieder gescheitert. Im vergangenen Sommer auf schlimmste Weise, als Bayern Münchens Jamal Musiala in der 89. Minute in Köln traf und dem Rekordmeister tatsächlich noch die Meisterschaft rettete. Im Ruhrpott brach eine Welt zusammen, in München öffnete sich eine Tür, die vernagelt schien. Nun arbeitet also wieder ein Team daran, dem FC Bayern den Durchgang zum zwölften Titel nacheinander zu verbarrikadieren. Und die Bauarbeiten der Leverkusener erweisen sich als erstaunlich robust und effizient. Im direkten Duell wurden die rätselhaft schwachen Münchner mit 3:0 (1:0) auf eine frustrierende Heimreise geschickt.
Ob er von dem Schreckenswort "Vizekusen" schon einmal gehört habe, wurde Alejandro Grimaldo in den Katakomben der Bayarena mit ihren über 30.000 Zuschauern gefragt. Ja, bekannte der Portugiese nach kurzem Zögern, und ergänzte, dass es in diesem Jahr vielleicht anders kommen könnte. Auf fünf Punkte ist der Vorsprung auf den FC Bayern an diesem besonderen Samstagabend angewachsen. Das ist nicht wahnsinnig viel, reicht aber, um die beiden Mannschaften auf zwei atmosphärisch völlig unterschiedliche Planeten zu jagen. Während die Münchner erst in Leere versanken und danach hart über sich selbst richteten, feierten die Leverkusener an diesem Abend einfach alles, was es zu feiern gab. Mit dem Heißmacher Lukas Hradecky. Der Torwart kletterte zu den Ultras, gab den Takt der Party vor. Es vermischte sich alles in einen wilden Rausch. Der Fußball, der Karneval, die Tabellenführung, das Team, der Trainer. Vor allem er.
