
Das Ende der Flaute
Frankfurter Rundschau
Mitinitiator und Historiker Ralf Hoffrogge in „Das laute Berlin“ eine Bilanz der Bewegung, die noch viel vor sich hat.
Ich spreche gerade zum ersten Mal auf einer Kundgebung. Aber wir müssen etwas unternehmen“ – so begrüßt Silke Fehst an einem Samstag im April 2024 ihre Nachbarn in der Weißen Siedlung im Norden Neuköllns. Die 51-Jährige steht auf einer Wiese, hinter ihr ragen die weißen Wohntürme aus den 1970er Jahren in den Himmel. Um sie herum haben sich 120 Mieterinnen und Mieter versammelt. Sie protestieren gegen die Adler-Gruppe, der die einstigen Sozialbauten seit 2016 gehören. Mit Adler gab es drei Mieterhöhungen, doch die Siedlung mit ihren rund 1700 Wohnungen verfällt zusehends. In einem offenen Brief beklagen die Bewohnerinnen und Bewohner undichte Fenster, kaputte Fahrstühle und Heizungen sowie Schimmel in den Wohnungen. Im Februar habe es gebrannt, doch niemand kümmerte sich: „Die Hausverwaltung hat sich jeglicher Verantwortung entzogen“, klagt Fehst. Sie habe die Leute ohne Wasser und Strom in ihren Wohnungen sitzenlassen. Den Menschen reichte es. Über 1000 Mieterinnen und Mieter wagten sich vor und zeichneten den Brandbrief gegen ihren Vermieter. Ein „großer Kraftakt“ sei das Sammeln der Unterschriften gewesen, berichtet Mieter Tobias Lemme. In der Siedlung wohnen Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft, man habe Flyer in sechs Sprachen verfasst, um alle zu erreichen, auch viele Haustürgespräche wurden geführt. Mittlerweile sind die Nachbarn organisiert, nennen sich „Kiez-Initiative Weiße Siedlung“. Im Januar zogen einige von ihnen vor das Abgeordnetenhaus und verlangten Rederecht im Ausschuss für Stadtentwicklung.













