Darum greift ein Finanzinvestor nach der Schufa
Süddeutsche Zeitung
Wem gehört die umstrittene Auskunftei? Der Bieterkampf um die Schufa steht kurz vor der Entscheidung - und die wird Millionen Deutsche betreffen.
Direkt am Schiersteiner Hafen in Wiesbaden, Adresse Kormoranweg 5, liegt ein Schatz. Milliarden von Daten, hochsensibel, Vermögen, Kredite, Zahlungsflüsse, die wirtschaftliche DNA der Deutschen. Etwa 900 Menschen arbeiten dort, um diesen Schatz zu bewachen, ihn zu verwalten - und mit ihm Millionen Euro zu verdienen. Ihr Tun bestimmt mit über das Leben der Bürger, sie entscheiden mit über Kredite, sie verhindern im Zweifel, dass sich jemand ein neues Auto kaufen darf oder ein Haus bauen kann.
Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung hieß diese mächtige Einrichtung früher, heute kennt man sie unter ihrem Kürzel: Schufa. Anders als viele glauben, ist die Schufa keine Behörde, sondern ein privatwirtschaftliches Unternehmen, organisiert als Aktiengesellschaft. Bisher gehören die Anteile der Schufa unter anderem Handelsunternehmen, Banken wie der Deutschen Bank und der Société Générale sowie Sparkassen und mehreren Genossenschaftsbanken. Zusammen halten allein die letzteren beiden etwa 47 Prozent aller Anteile, was sie zu den bisher wichtigsten Eignern macht. Die alleinige Macht aber hat niemand.
Im Herbst brachten die Société Générale und der schwedische Finanzinvestor EQT Private Equity dieses stabile Gefüge ins Wanken. EQT kündigte an, den zehnprozentigen Anteil der französischen Großbank zu übernehmen und ließ es so aussehen, als sei man sich mit dem Institut bereits einig. Etwa 200 Millionen Euro wollen sich die Schweden das kosten lassen, die Schufa wäre also aus dem Stand heraus zwei Milliarden Euro wert. EQT hat beim Bundeskartellamt seine Absicht angemeldet, die Schufa komplett übernehmen zu wollen. Dagegen wehren sich Sparkassen und Genossenschaftsbanken, bieten selbst auf die Anteile der Franzosen - und dieser Wettstreit dürfte in Kürze entschieden werden.
Der Datenschatz der Schufa ist gewaltig, er weckt Begehrlichkeiten. In den Tiefen ihrer Datenbanken liegen Informationen über einen Großteil der Bevölkerung, über alte Verträge, die Zahlungsmoral, vermerkte Unstimmigkeiten. Der daraus nach geheimen Formeln berechnete "Schufa-Score" ist eine der wichtigsten Messgrößen für die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern. Und die Daten, glaubt EQT, bieten ein großes Potenzial. Auf der Suche nach Verbündeten haben die Schweden ihre Strategiepläne bereits bis hinein ins politische Berlin vorgestellt.
Der Kunde kann stemmen. Aber kann er auch zahlen? Das soll eine Schufa-Auskunft Firmen mitteilen.
