
Darf's noch ein bisschen Trauma sein?
n-tv
Traumata gehören zu den Lieblingsthemen von Krimidrehbuchautoren: Ob frühkindlich oder posttraumatisch, wenn's dramatisch werden soll und ansonsten kein Motiv zu finden ist, wird es schon die Belastungsstörung richten. Oder etwa nicht?
Es ist eine Stimme aus seiner Kindheit, die Adam Dahl (Eloi Christ) mit dem Rettungshammer zuschlagen lässt. Immer und immer wieder, bis der Schädel des eben erst in die Regionalbahn eingestiegenen Fremden nur noch Brei ist. Kommissarin Brasch (Claudia Michelsen) zerbricht sich im letzten "Polizeiruf" vor der Sommerpause fast 90 Minuten lang den Kopf über das Motiv des eigentlich friedfertigen und ein bisschen schüchternen jungen Mannes, der selbst keine Ahnung hat, was ihn da eigentlich geritten hat.
Erst als zum Schluss herauskommt, dass Dahl als Kind den Tod seiner Mutter miterleben musste, die als Prostituierte arbeitete und den brutalen Sexpraktiken eines Freiers erlag, scheint alles Sinn zu ergeben: Der kleine Junge versteckte sich damals unter dem Bett und hörte nur die Stimme des Mannes, der seine Mutter umbrachte. Als der Fremde in der Film-Gegenwart laut telefonierend in Dahls Abteil kommt, triggert das Dahls Unterbewusstsein, das verdrängte Trauma bricht los, der junge Mann schlägt zu - und der "Polizeiruf" hat ein ebenso ungewöhnliches wie schwer nachvollziehbares Motiv gewonnen.
Alles gut also in "Black Box"? Leider nicht, denn der Film will einfach zu viel: "Als ich das Drehbuch das erste Mal gelesen habe, hab ich vielleicht ein, zwei traumatisierte Menschen entdeckt, und wenn man es dann doch tiefer und intensiver durcharbeitet, sieht man, dass die Anzahl der traumatisierten Menschen in diesem Plot deutlich zunimmt", sagt Wolfgang Jordan, der Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Magdeburg. Der Professor ergänzt diplomatisch: "Aus Sicht des Fachberaters ist das eine oder andere vielleicht selten, es ist aber möglich."
