
"Damit macht es Deutschland Opfern von Menschenhandel sehr schwer"
n-tv
Der erste umfassende Bericht zum Thema Menschenhandel in Deutschland liefert erschreckende Zahlen: Tagtäglich werden drei Fälle festgestellt - und die Dunkelziffer dürfte noch weitaus höher sein. So bleibt das Verbrechen sehr oft unsichtbar, erklärt Naile Tanış vom Deutschen Institut für Menschenrechte im Gespräch mit ntv.de. Die Scham der Betroffenen sei ein nicht zu unterschätzendes Machtinstrument der Täter. Wer es schließlich aus der Ausbeutung schafft, stehe nicht selten vor einer weiteren Odyssee - zumindest, wenn er oder sie nicht legal in Deutschland ist. Der Druck, den Behörden umgehend erfolgsversprechende Informationen zu liefern, sei für sie immens. Die Juristin erklärt, wie die deutsche Gesetze viele Betroffene von Menschenhandel in einen Teufelskreis führen.
ntv.de: Frau Tanış, das Ergebnis Ihres Berichts ist ebenso eindeutig wie erschreckend: Menschenhandel gehört auch in Deutschland zum Alltag. In welchen Bereichen werden Menschen hierzulande ausgebeutet?
Naile Tanış: Um es kurz zu sagen: In sehr vielen Bereichen. Dass es in der Prostitution und in der fleischverarbeitenden Industrie zu Menschenhandel kommt, dürften viele schon einmal gehört haben. Allerdings kommt es in Deutschland auch in Branchen wie der Pflege, der Landwirtschaft, der Gastronomie und im Baugewerbe zu Ausbeutung. Auffällig ist, dass all diese Bereiche etwas gemein haben: Sie sind personalintensiv und haben geringe Einstellungsvoraussetzungen.
Tatsächlich haben viele der Betroffenen überhaupt keinen Draht nach Deutschland, bevor sie hierzulande ausgebeutet werden. Um ganz am Anfang ihrer Odyssee zu beginnen: Wie kommen diese Menschen ins Land?
