Corona lässt den Müllberg wachsen
Süddeutsche Zeitung
So wichtig der Schutz vor Sars-CoV-2 ist: All die Masken, Tests und Impfungen hinterlassen gewaltige Mengen Abfall, der zunehmend selbst zur Gefahr wird.
Wer die fein zusammengefaltete Maske, das leere Desinfektionsmittel-Fläschchen oder die kleine Corona-Testkassette in seinem Abfalleimer versenkt, hat wahrscheinlich nicht das Gefühl, zu einem massiven Müllproblem beizutragen. Nur sind es eben Milliarden Menschen, die Tag für Tag Überbleibsel aus ihrem Pandemie-Alltag entsorgen. Hinzu kommen die coronabedingten Abfälle aus Praxen, Kliniken, Impf- und Testzentren. In der Summe türmen sie sich zu einem gewaltigen Müllberg auf, wie eine aktuelle Analyse der Weltgesundheitsorganisation WHO zeigt.
So führten beispielsweise die ersten acht Milliarden verabreichten Impfdosen nicht nur zu einem wichtigen Schutz vor Sars-CoV-2, sondern auch zu 144 000 Tonnen Abfall in Form von gläsernen Ampullen, Spritzen, Nadeln und Entsorgungsboxen.
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Allein die Schutzkleidung für Angestellte im Gesundheitsbereich, die die WHO bis November vergangenen Jahres an Mitgliedsländer ausgeliefert hat, beläuft sich auf 87 000 Tonnen. Der Großteil all der Kittel, Handschuhe, Masken, Kopfbedeckungen und Schuhüberzieher dürfte bis heute im Müll gelandet sein. Die 140 Millionen Corona-Tests, die die WHO ebenfalls versandt hat, haben zu mehr als 2000 Tonnen Plastikmüll und 730 000 Litern chemischem Abfall geführt - eine Menge, die ein olympisches Schwimmbecken zu drei Vierteln füllen würde.
Dabei verfügten nach Angaben der Organisation schon vor der Pandemie 30 Prozent der weltweiten Gesundheitseinrichtungen nicht über ein adäquates System zur Entsorgung medizinischen Abfalls. Mit der Pandemie dürften sich die Probleme verschärft haben. Denn während viele Einrichtungen lange darum rangen, überhaupt das nötige Equipment für die Bewältigung der Pandemie zu erhalten, hatten sie wohl kaum genug Kapazitäten, um auch dessen sichere Entsorgung mitzuplanen. Doch werden medizinische Abfälle unsachgemäß entsorgt, steigt die Gefahr von Infektionen, Nadelstich- und Schnittverletzungen, warnt die WHO.