
China sucht die Omikron-Strategie
DW
Kurz vor Olympia in Peking häufen sich in China Omikron-Ausbrüche. Die Führung weiß, dass ihr bisheriges Corona-Management auf dem Prüfstand steht. Bei einem Scheitern wären die Folgen gewaltig und weltweit zu spüren.
Der neue Ansatz hört auf den Namen Dynamic Clearing. Mit diesem Schlagwort umschreiben Chinas staatliche Pandemie-Manager mittlerweile ihr Vorgehen bei der Eindämmung regionaler Corona-Ausbrüche. Was sich im Deutschen etwa mit "energischer Beseitigung" übersetzen lässt, könnte nach Einschätzung von China-Beobachtern einen möglichen Schwenk in Pekings Corona-Politik ankündigen.
Denn die Führung in Peking weiß, dass bei einem Scheitern ihres Pandemie-Managements soziale und wirtschaftliche Verwerfungen drohen - nicht nur im Reich der Mitte, sondern weltweit. Gestörte Lieferketten würden durch immer neue Lockdowns in China zum Dauerzustand werden, ein sinkender Binnenkonsum würde das Wirtschaftswachstum in der Volksrepublik weiter nach unten drücken. Für enge Handelspartner wie Deutschland ein Horror-Szenario.
Einen Vorgeschmack bekam Chinas Führung, als wütende Einwohner der zentralchinesischen Metropole Xian die knallharten Lockdown-Maßnahmen der Behörden in den sozialen Netzwerken anprangerten. Es habe Engpässe bei der Lebensmittelversorgung der Menschen in häuslicher Quarantäne gegeben, die noch nicht einmal zum Einkaufen ihre Wohnblocks verlassen durften. Außerdem wurden Vorwürfe laut, selbst hochschwangere Frauen seien von Krankenhäusern in Xian abgewiesen worden und hätten deswegen Fehlgeburten erlitten.
"China hat damit begonnen, das Narrativ neu zu schreiben", sagt Shuli Ren, die als Finanzmarkt-Expertin und Publizistin in Hongkong das Geschehen auf dem chinesischen Festland analysiert. In einer Kolumne für den Finanznachrichten-Dienstleister Bloomberg bringt sie die neue Stoßrichtung auf den Punkt: "Die Zero-Covid-Strategie in China ist ein Hirngespinst. Jetzt geht es nur noch um 'Dynamic Clearing'." Weil die Olympischen Spiele in wenigen Wochen beginnen, verlagere Peking die Verantwortung für die Eindämmung des Virus stärker in die Hände der lokalen Behörden, unterstreicht die frühere Investment-Bankerin.
Der Vorteil für die Staats- und Parteiführung liege dabei auf der Hand, so Shuli Ren. Im Rest des Landes könne dann das Leben und die Wirtschaft weiterlaufen. Und falls es Probleme bei der Versorgung der Menschen in Quarantäne mit Lebensmitteln geben sollte wie in Xian, schiebe man die Schuld den lokalen Entscheidern in die Schuhe und tausche sie gegebenenfalls aus.
