
China macht dicht
n-tv
Offiziell vertritt die chinesische Regierung die Haltung, sich der Welt gegenüber zu öffnen. Tatsächlich aber distanziert sie sich immer weiter vom Rest der Welt. Ein gefährlicher, aber gewollter Nebeneffekt ist der stetig wachsende Nationalismus.
Die Chinesische Akademie für Historische Forschung (CAHR) sorgte Ende August für eine regelrechte Kontroverse. Sie verbreitete einen Beitrag über soziale Medien, der sich mit der Außenpolitik der Ming- und Qing-Dynastien beschäftigte. Damals hatten die chinesischen Kaiser ihrem Reich über Jahrhunderte eine politische, wirtschaftliche und kulturelle Distanz zum Ausland verordnet, die China das Attribut "geschlossenes Land" bescherte.
Nicht wenigen Lesern wurde die Parallele zum Jahr 2022 - mehr als 100 Jahre nach dem Ende der Qing-Dynastie - unverzüglich klar. Massive Reise-Beschränkungen ohne Perspektive auf baldige Veränderung halten Chinas Bevölkerung seit mehr als zweieinhalb Jahren faktisch im eigenen Land gefangen. Dabei geht es zwar um die Corona-Pandemie. Zugleich ist allerdings der Aufbau des sogenannten dualen Wirtschaftskreislaufes im vollen Gange. Er soll Abhängigkeiten aus dem Ausland langfristig auf ein absolutes Minimum reduzieren.
Gelistete Firmen kehren von ausländischen Börsen - mehr oder weniger freiwillig - an chinesische Finanzplätze zurück, weil chinesische Regulatoren Druck machen. Besonders die Tech-Industrie will Peking von der Option fernhalten, in den Schwitzkasten ausländischen Kapitals zu geraten. Die Regierung verschärfte zudem im vergangenen Jahr die Lokalisierungsquoten für staatliche Unternehmen. Bei öffentlichen Ausschreibungen müssen die Bewerber immer mehr Komponenten vorweisen, die zu 100 Prozent aus China stammen: "Buy Chinese" als Order an die eigene Wirtschaft. Auch personell werden ausländische Firmen zunehmend gezwungen, chinesisches Führungspersonal einzustellen.
