
Charakter-Phänomen oder beleidigte Leberwurst: Was treibt Carsten Linnemann an?
n-tv
Eigentlich wollte Carsten Linnemann Minister für Wirtschaft und Arbeit werden, jetzt bleibt er CDU-Generalsekretär. Es ist bereits die zweite unverhoffte Delle in Linnemanns ansonsten makelloser und rostfreier Erfolgskarosserie.
Der Hunger nach Macht ist häufig unstillbar, Heilkost dagegen jedoch kaum verfügbar. Auch Fasten gilt zumeist als unüberwindbare Hürde, und selbst Sterneköche können die Gelüste nach regentschaftlichem Prestige erfahrungsgemäß nur unzureichend saturieren. Insbesondere nach Wahlen mit Umbruchcharakter küsst die politikromantische Sehnsucht nach Obrigkeitszugehörigkeit so manche schlummernde Allmachts-Neurose wach. Kein metaphysisches Phänomen also, dass sich die Führungsriegen von CDU/CSU und SPD aktuell im kollektiven Aufwach-Raum für reputationssuchende Frischlinge im Epizentrum der Befehlsgewalt befinden.
Das Streben nach Einfluss ist im Politikbetrieb tief verwurzelt. Das ist unproblematisch. Wer Profifußballer wird, muss sich ja auch nicht rechtfertigen, wenn sein Ziel Nationalmannschaft heißt. Und im Regierungsviertel? Wer eine Karriere auf politischem Parkett beginnt, darf groß denken. Warum nicht Minister? Selbst die turbokapitalistische Anti-Wärmepumpen-Spaßpartei FDP konnte regelmäßig wichtige Ministerämter mit ihrem Personal bestücken. Gut, in der kommenden Legislaturperiode bestücken sie höchstens den Souvenirshop, aber das ist ja nicht die Schuld der FDP. Das liegt daran, dass Deutsche aus unerfindlichen Gründen einem naturverbundenen Kinderbuchautor (Habeck) und einer Trampolin-Expertin aus dem Völkerrecht (Baerbock) mehr Vertrauen schenken als einem renommierten Firmen-Pleitier (Lindner) und einem erfahrenen Altinternationalen (Kubicki). Für mich einer der problematischsten Skandale seit der Hand Gottes (Maradona) und dem Album "Abenteuerland" der Band Pur.
