Bundesregierung nennt Atomenergie "nicht nachhaltig"
DW
In der Nacht endete die Einspruchsfrist gegen die EU-Pläne, Gas und Atomkraft als "nachhaltig" einzustufen. Österreich und Luxemburg planen bereits rechtliche Schritte, Deutschland hat noch ein paar Fragen.
Die Bundesregierung wendet sich bei der EU-Kommission klar gegen ein Ökosiegel für Atomkraftwerke(AKW). Kernenergie sei riskant und teuer, außerdem gebe es rechtliche Bedenken, heißt es in der Stellungnahme, die am Freitagabend nach Brüssel übermittelt wurde. Es gebe keine Anforderungen zum Schutz vor Terrorangriffen, keine Vorgaben für ein Endlager und ohne Staatshaftung würde kein Investor in die Atomtechnik investieren.
Neue AKWs, die nach 2035 errichtet würden, könnten angesichts der Bauzeiten auch kaum zur Klimaneutralität bis 2050 beitragen. Daraus ergäben sich auch rechtliche Bedenken, da die sogenannte Taxonomie-Verordnung (siehe unten) eine Richtschnur für nachhaltige Geldanlangen sein solle. "Aus Sicht der Bundesregierung ist Atomenergie nicht nachhaltig", heißt es in der Stellungnahme aus Berlin.
"Als Bundesregierung haben wir unsere Ablehnung zur Einbeziehung von Atomenergie nochmal deutlich zum Ausdruck gebracht", bekräftigten Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Österreich und Luxemburg haben bereits mit rechtlichen Schritten gedroht, falls die EU-Kommission Atomkraft und Gas als nachhaltig einstuft. "Wir würden es begrüßen, wenn Deutschland sich beteiligen würde", sagte die luxemburgische Umweltministerin Carole Dieschbourg. Auch Spanien und Dänemark lehnen die geplanten Klassifizierungen ab.
Langfristig, so schreibt die Bundesregierung, sei auch die Nutzung von Erdgas nicht nachhaltig. Jedoch bilde fossiles Gas in hochmodernen und effizienten Gaskraftwerken für einen Übergangszeitraum eine Brücke, um einen schnelleren Kohleausstieg zu ermöglichen und kurzfristig CO2 einzusparen. Wichtig seien allerdings realistische Bedingungen, damit dieser Umbau nicht behindert werde.
Warum die EU für Erdgas-Anlagen als Übergangstechnik strikte Vorgaben definieren würde, während bei der Atomkraft der aktuelle Stand der Technik für ausreichend gehalten werde, sei daher unverständlich. Die Gas-Standards seien außerdem zu scharf formuliert. Bei der geplanten Umstellung von Gaskraftwerken auf Wasserstoff fordert die Bundesregierung mehr Flexibilität. Eine 30-prozentige Beimischung von nicht-fossilen Gasen wie Wasserstoff bis 2026 und eine Quote von 55 Prozent bis 2030 seien nicht erreichbar.