Brisante Beobachtungen in Georgien: Russland hat „viel Technik rausbewegt“ - nun droht auch Gefahr
Frankfurter Rundschau
Auch 15 Jahre nach dem Krieg zwischen Russland und Georgien um die Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien bleibt die Lage dort angespannt. Davor warnen EU-Beobachter.
Tiflis - Die EU-Beobachtermission in Georgien sieh in den von Russland kontrollierten Konfliktregionen Südossetien und Abchasien inzwischen deutlich weniger Soldaten Moskaus als vor dem Krieg gegen die Ukraine. „Sie haben auch viel Technik rausbewegt“, sagte der Chef der Mission, Dimitrios Karabalis, der Deutschen Presse-Agentur in Tiflis. Der Ukraine-Krieg habe Russland dazu geführt, auf Ressourcen aus dem Ausland angewiesen zu sein. Dennoch sieht der griechische Diplomat auch 15 Jahre nach dem Krieg zwischen Russland und Georgien vom 8. bis 12. August 2008 keine Bewegung für eine mögliche Lösung des Konflikts um die abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien.
Unter den mehr als 200 Personen, die im Auftrag der Europäischen Union auf georgischer Seite patrouillieren, sind auch aktuell 23 Deutsche im Einsatz, überwiegend Polizisten. Sie sehen sich dort direkt russischen Truppen gegenüber und überwachen auf georgisch kontrollierter Seite die Lage an der 390 Kilometer langen administrativen Grenzlinie zu Südossetien und 150 Kilometer an der Linie zu Abchasien. Derzeit sieht Karabalis keine akute Gefahr, dass der Konflikt dort offen ausbricht. „Sie haben weder das Personal noch die Technik, etwas zu unternehmen“, meint er auch mit Blick auf die georgische Seite.
Anders als das benachbarte Aserbaidschan. Das Land konnte sich durch Milliardeneinnahmen aus Ölgeschäften hochrüsten und sich weite Teile der Region Bergkarabach in einem Krieg gegen Armenien zurückholen. Allerdings gebe es in Georgien dafür keine solchen Ressourcen. „Wir versuchen hier die Lage ruhig zu halten“, sagte Karabalis. Die Spannungen könnten dennoch jederzeit in Gewalt umschlagen. „Ein kleiner Funke kann ein großes Feuer auslösen“, sagte er.
Karabalis sieht auch ein Problem darin, dass Russland, das gegen die Ukraine Krieg führt, erfahrene Kräfte aus Südossetien abgezogen hat. An ihre Stelle hat Moskau junge, unerfahrene Soldaten und Grenzschützer da, die mit der Lage vor Ort nicht vertraut seien. „Sie wissen nicht, wer wir sind, sind nicht vorbereitet. Das ist ein Sicherheitsrisiko“, betonte Karabalis. „Wir verteilen deshalb Flugblätter auf Russisch, um zu erklären, was wir machen.“
Für viele Menschen in der Konfliktregion gehe es um existenzielle Fragen, erklärte der Chefbeobachter. Es gebe mal Streit um Wasserressourcen oder um den Verlauf von Stromleitungen. „Oder eine Kuh, die ein Bauer aus Südossetien zum Überleben braucht, ist auf einmal auf georgisch kontrolliertem Gebiet. Da kommen wir ins Spiel. Es gibt eine Hotline, über die Probleme gemeldet und die dann operativ gelöst werden können“, erzählte er. Nach Darstellung von Karabalis kommen etwa aus Südossetien und Abchasien Menschen für ärztliche Behandlungen in andere Teile Georgiens. In Südossetien seien die Kontrollpunkte im zweiten Monatsdrittel geöffnet, in Abchasien laufe der Verkehr dauerhaft mit Passierscheinen über eine Brücke.