Brüssel will Gas- und Atomkraft unter Auflagen als grün einstufen
ProSieben
Können Investitionen in Atom- und Gaskraftwerke klimafreundlich sein? Die Brüsseler EU-Kommission legt zum Jahreswechsel einen mit Spannung erwarteten Rechtsakt vor. Umweltschützer sind empört.
Die EU-Kommission will Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich einstufen. Das geht aus dem Entwurf für einen Rechtsakt der Brüsseler Behörde hervor, der am Neujahrstag öffentlich wurde. Der Vorschlag gilt als Zugeständnis an Länder wie Deutschland und Frankreich. Umgehend kam Kritik von Umweltschützern. Die Kommission untergrabe ihre eigenen Klimaziele, so die Deutsche Umwelthilfe. Atomkraft und Erdgas als nachhaltig zu kennzeichnen, sei nicht glaubwürdig.
Konkret sieht der Vorschlag vor, dass vor allem in Frankreich geplante Investitionen in neue Akw als grün klassifiziert werden können, wenn die Anlagen neuesten Technik-Standards entsprechen und ein konkreter Plan für eine Entsorgungsanlage für hoch radioaktive Abfälle spätestens 2050 vorgelegt wird. Zudem ist als Bedingung vorgesehen, dass die neuen Anlagen bis 2045 eine Baugenehmigung erhalten. Der Text liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
Investitionen in neue Gaskraftwerke sollen insbesondere auf Wunsch Deutschlands übergangsweise ebenfalls als grün eingestuft werden können. Dabei soll zum Beispiel relevant sein, wie viel Treibhausgase ausgestoßen werden. Für Anlagen, die nach 2030 genehmigt werden, wären nur noch bis zu 100 Gramm sogenannte CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde Energie erlaubt - gerechnet auf den Lebenszyklus.
Die Einstufung von Wirtschaftstätigkeiten durch die EU-Kommission soll Anleger in die Lage versetzen, ihre Investitionen auf nachhaltigere Technologien und Unternehmen umzustellen, und so wesentlich zur Klimaneutralität Europas bis 2050 beitragen. Ob Gas und Atomkraft als Teil der sogenannten Taxonomie als klimafreundlich gelten sollten, ist unter den EU-Staaten jedoch umstritten.