Borussia Mönchengladbach: Adi Hütter steckt in der Ginter-Falle
Frankfurter Rundschau
Es liegt die Vermutung nahe, nicht nur Trainer Hütter hat bei der Nichtnominierung von Ginter seiner Finger im Spiel gehabt. Ein Kommentar.
Frankfurt am Main - Der Experten-Lodda konnte ihn einfach nicht verstehen, den Fußballlehrenden seiner ehemaligen Liebe, die er heute noch, Jahrzehnte nach der Liaison, tief im Herzen trägt. Ja, bei der Borussia aus Mönchengladbach schlägt der Puls eines Lothar Matthäus schneller als andernorts – und manchmal lockert das die Zunge. Thema seiner Kritik: die Bank-Verbannung des Gladbacher Verteidigers Matthias Ginter im Spiel gegen Leverkusen. Der Adressat: VfL-Coach Adi Hütter.
Also fragte Matthäus in die laufende TV-Kamera: „Will man ihn (Ginter) auf der Bank verhungern lassen?“ Dann schloss er noch an: „Matthias Ginter ist einer der besten Verteidiger in Deutschland.“ Mal davon abgesehen, dass es kein Zeichen gehobener Abwehrstärke der deutschen Nationalmannschaft bedeutet, wenn einer wie Matze Ginter – ein guter, aber wahrlich kein Topmann hinten drin – hierzulande zu den Besten seines Fachs zählt, ist die Causa allemal eine spannende wie seltsame, eine mit vielen Verlierern. Denn natürlich gehört der 27-Jährige leistungsmäßig eigentlich in die Startelf der Borussia, trotz Abgangs spätestens im Sommer, was ja sein gutes Recht ist, läuft der einstmals geschlossene Vertrag doch aus. Der erst vor wenigen Tagen von Union Berlin verpflichtet Marvin Friedrich kann sportlich (noch) nicht mithalten, zumal fast trainingslos in Gladbach.
Doch muss ein Klub, müssen ein Sportchef wie Max Eberl und ein Trainer wie Adi Hütter nicht weiterdenken als nur bis zum nächsten Spiel? Letztgenannter ist ohnehin ein ausgewiesener Experte für mutige, nicht immer nachvollziehbare Nominierungen von Neuzugängen. Bei Eintracht Frankfurt brachte er einstmals, Anfang Februar 2020, den frisch verpflichteten Stefan Ilsanker ohne Trainingseinheit mit den Eintracht-Kollegen ins Spiel.
Es liegt indes die Vermutung nahe, nicht nur Hütter hat bei der Nichtnominierung (und Nicht-Einwechslung) von Ginter seine Finger und Gedanken im Spiel. Viel eher dürfte auch Sportchef Eberl diesen deutlichen Hinweis an den Profi angeschoben haben, doch möglichst noch in diesem Winter den Klub zu tauschen. Ein bisschen Kohle könnte es schließlich noch sein für die Gladbacher. Denn Ginter, das ist klar, wird in einem WM-Jahr vermeiden wollen, ein Halbjahr ohne Spielpraxis auskommen zu müssen.
Das viel größere Problem der Borussia droht ob dieser Ginter-Baustelle jedoch unterzugehen: Die Gladbacher haben wieder verloren, sind enttäuschender Zwölfter und damit näher dran an einem Abstiegs- denn an einem Europapokalrang. Der Fokus scheint verrutscht. (Daniel Schmitt)