Bilanz von Baerbocks Irakreise: Plädoyer für Gerechtigkeit und Stabilität
DW
Vier Tage hatte sich Außenministerin Annalena Baerbock diese Woche Zeit für den Irak genommen. Eine Reise in ein von Krieg und Terror geschundenes Land, das nun auch noch unter den Folgen des Klimawandels zu leiden hat.
Als Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock am Mittwoch im Flüchtlingslager Qadiya in Norden des Irak in der Region Kurdistan eintrifft, sitzt eine Gruppe von Mädchen im Teenageralter mit Farbe und Papier an einem Tisch. An einer Stellwand hängen Zeichnungen, die in Kunsttherapiesitzungen entstanden sind. Es sind die zu Papier gebrachten Erinnerungen der Mädchen an die Zeit unter der Herrschaft des "Islamischen Staates" (IS): aneinandergekettete Frauen, von Kopf bis Fuß in schwarze Gewänder gekleidet, blutüberströmte Körper, die auf dem Boden ausgestreckt liegen.
Im Lager Qadiya, das nur 19 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt liegt, leben heute mehr als 12.000 Menschen. Fast alle gehören der Minderheit der Jesiden an, die nach der Machtübernahme durch den IS im Jahr 2014 aus ihrer Heimat in der irakischen Sindschar-Region fliehen mussten.
Unter der Herrschaft des IS wurden dort Tausende getötet und verschleppt. Viele Frauen, insbesondere Jesidinnen, wurden versklavt, vergewaltigt und dann gezwungen, die von IS-Kämpfern gezeugten Kinder auf die Welt zu bringen.
Baerbock ist die erste deutsche Außenministerin, die das Lager im Nordirak besucht. Viele der Projekte, die Frauen und Kindern helfen sollen, Trauer und Traumata zu verarbeiten, werden auch mit deutscher Hilfe finanziert. Dieser Besuch zum Auftakt setzte den Ton für den Rest von Baerbocks viertägiger Reise durch den Irak. Die Bundesaußenministerin widmete sich zwar auch geo- und sicherheitspolitischen Fragen, bei denen der Irak möglicherweise eine zentrale Rolle spielen könnte; andererseits nahm sie sich immer wieder Zeit, mit den Opfern des jahrelangen IS-Terrors in der Region zu sprechen, die bis heute auf Gerechtigkeit warten.
Die Rolle von Iraks Nachbarstaat Iran war wichtiges Thema als Annalena Baerbock am Dienstag in der Hauptstadt Bagdad zum Auftakt ihrer Reise zunächst mit Mitgliedern der irakischen Regierung zusammentraf - fast 20 Jahre nach dem Beginn der US-geführten Invasion, die zwei Jahrzehnte des Blutvergießens im Lande einleitete. Der neue Premierminister Mohammed Shia al-Sudani ist verzweifelt bemüht, der Welt zu zeigen, dass seine Regierung nicht unter der Fuchtel des Iran steht - weder politisch noch in wirtschaftlicher Hinsicht.