Basis stellt sich gegen Grünen-Spitze
Süddeutsche Zeitung
Der Partei-Vorstand wollte die diskussionsfreudigen Mitglieder ein wenig bremsen. Doch die mucken auf.
Sie haben sich gefeiert, über Stunden am ersten Abend des Parteitags. Haben einander gelobt, vor allem fürs Wahlkämpfen und Regieren. Und dann gibt es doch noch schöne Grüße von der Basis und zartes Gestänker gegen diese ganze Harmonie. Es ist das Thema Basisdemokratie, mal wieder, das sich zwischen oben und unten schiebt bei den Grünen.
Zweiter Tag des virtuellen Grünen-Parteitags, im Berliner Velodrom steht am Samstag die Wahl der neuen Parteivorsitzenden auf dem Programm. Ricarda Lang und Omid Nouripour werden sich am Nachmittag als Nachfolger von Annalena Baerbock und Robert Habeck wählen lassen. Dass es gelingt, gilt bereits als sicher. Bevor es soweit ist allerdings, werden beim Parteitag noch ein paar grundsätzliche Dinge ausgefochten, nicht zum Vorteil der Parteiführung.
Denn nach der emotionalen Verabschiedung von Parteichefin Annalena Baerbock am Freitag und einem eher nüchternen Farewell für Co-Chef Robert Habeck, nach allerlei Hoheliedern regierender Grüner auf die von ihnen durchzusetzende Realpolitik und die Kunst des Kompromisses, stehen am Samstagvormittag eher unangenehme Themen auf dem Programm.
Abschied mit Tulpen: Baerbock am Freitag.
Da ist zum Beispiel Antrag S-01. Hinter diesem Kürzel steckt ein Hilferuf der Parteiführung, die bei Parteitagen in einer Antragsflut versinkt. Bei der letzten Bundesdelegiertenkonferenz, ausgerechnet in der schwierigen Startphase des grünen Bundestagswahlkampfs, stellte die Basis um die 3500 Änderungsanträge. Was viele Mitglieder der Grünen als Beweis hohen Engagements betrachten, ist für den Bundesvorstand ein mittlerer Alptraum, einfach wegen der schieren Menge. Denn jeder Antrag muss gewägt, besprochen, möglichst in einen Kompromiss eingewoben werden.