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Autonome Fahrgemeinschaft

Autonome Fahrgemeinschaft

Süddeutsche Zeitung
Tuesday, January 25, 2022 02:18:41 PM UTC

Volkswagen und Bosch tun sich zusammen, um Roboterhelfer für möglichst viele Autofahrer zu entwickeln. Doch die Konkurrenz ist groß und schnell.

Es sind diese Szenen, die Autofans begeistern: Da fährt ein Tesla ohne menschliches Zutun über Highways, viele Minuten lang, manchmal auch Stunden. Der Fahrer muss zumindest in den Erfolgsberichten selten eingreifen, manchmal legt er auch gar keine Hand ans Lenkrad. Es ist eine erste spürbare Annäherung an das, was ein Roboterauto ist. Auch neue Fahrzeuge von BMW können die Spur souverän halten, selbstständig überholen und einparken, im Sprech von Technikern und Behörden heißt das: Fahrassistenz der Stufe "2 plus". Und Mercedes hat sogar als erster Hersteller der Welt gerade eine Zulassung für die Stufe 3 erhalten: Hier ist es bei zähfließendem Verkehr auf der Autobahn (also bis zu 60 Kilometer pro Stunde) sogar manchmal erlaubt, sich komplett vom Computer fahren zu lassen.

Der größte Autokonzern Europas indes, Volkswagen, tut sich mit dieser Technologie bislang sehr schwer, obwohl sie die größten Ziele haben. Nun soll eine neue große Kooperation helfen, Anspruch und Wirklichkeit gerade im Mittelklasse-Segment überein zu bringen: Gemeinsam mit dem größten Autozulieferer der Welt, Bosch, sollen nun bereits im kommenden Jahr Modelle der Volumenmarke VW mit "2 plus"-Fähigkeiten ausgerüstet werden, möglichst bald soll auch Level 3 möglich sein. Es geht also nicht um Robotaxis ganz ohne Fahrer - daran bastelt Volkswagen unabhängig von der neuen Kooperation mit der amerikanischen Softwarefirma Argo. Mit Bosch arbeite man jetzt daran, Technik für das autonome Fahren nicht nur in Luxusautos anzubieten, so Dirk Hilgenberg, Chef der VW-Softwaresparte Cariad. "Wir wollen sie für jeden verfügbar machen. Und wir meinen wirklich: für jeden."

Damit das schnell und vor allem möglichst sicher klappt, werden 1000 Mitarbeiter bei Cariad und Bosch ab sofort gemeinsam an den Funktionen arbeiten, die der schwäbische Zulieferer später auch an andere Hersteller verkaufen kann. Dirk Hilgenberg und sein Bosch-Kollege Mathias Pillin sprechen anlässlich der Kooperation von "enormen Chancen" für beide Seiten - und haben das pathetisch aufgeladen: Gemeinsam bringe man deutsche Softwareentwicklung auf ein neues Level. Wie viel Geld beide Firmen in die Kooperation stecken und was die neue Allianz für andere VW-Zulieferer wie etwa Continental heißt, kommentieren beide Seiten nicht.

Hinter dem Bündnis zwischen Wolfsburg und Stuttgart steckt weniger das Erschließen neuer Geschäftsfelder, sondern vor allem Getriebenheit. Wie groß die Not bei VW zu sein scheint und der Wert der Bosch-Fähigkeiten, zeigt sich daran, dass die Partner betonen, es handle sich nicht um eine der üblichen Beziehungen zwischen Zulieferer und Hersteller, sondern um etwas, dessen enorme Bedeutung auf den ersten Blick vielen vielleicht gar nicht klar sei. Schon Mitte dieses Jahrzehnts wird mehr als jedes zweite Auto zumindest teilautomatische Fahrfunktionen haben, zitiert Hilgenberg dazu Prognosen von Beratungsfirmen. Es geht also auch darum, den Anschluss nicht zu verlieren in einem Geschäft, in dem andere schon weiter sind.

Der Plan, das aus eigener Kraft zu schaffen, seit zeitaufwändig, gesteht der VW-Softwarechef bei der Vorstellung des Vorhabens ein - und Zeit hat man nicht: Tesla ist enteilt für den Moment, aber da seien ja noch "viele andere" Wettbewerber, denen man sich stellen müsse. Der US-Elektroautobauer sammelt mit seiner rasch wachsenden Flotte an E-Autos schon seit einigen Jahren Daten, genauso wollen das VW und Bosch jetzt auch tun. Dass das der richtige Weg ist, gibt auch Boschs Softwarechef Mathias Pillin zu: "Für die Entwicklung des automatisierten Fahrens ist die beste Schule der echte Straßenverkehr."

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