
Auf einer Mission
Frankfurter Rundschau
Auch wenn die marokkanischen Fußballerinnen in ihrer Heimat noch nicht so populär sind wie die Männer, taugen sie vor dem historischen Achtelfinale gegen Frankreich als Vorbilder.
Vielleicht kommt dieses Telefon bald auch noch in das Fifa-Museum. Geschichte geschrieben hat der Apparat ja bereits, der am vergangenen Donnerstag im Perth Oval auf dem Rasen lag. Drumherum hatten sich die Fußballerinnen Marokkos versammelt, die gerade ihr letztes Gruppenspiel gegen Kolumbien gewonnen hatten. Aber da liefen ja noch die letzten Minuten von Deutschland gegen Südkorea.
„Wir haben es auf den Boden gelegt und gebetet“, erzählte die Torschützin Anissa Lahmari später. „Und dann sind wir vor Freude explodiert.“ Kein Sieg für deutsche Frauen im Brisbane Stadium auf der anderen Küstenseite des fünften Kontinents. „Salaw? Salaw! (Sie sind fertig? Sie sind fertig!) schrien einige. Der Außenseiter war trotz seiner 0:6-Demütigung zum Auftakt durchs DFB-Team weiter. Lahmari hat irgendwann mit ihren Mitspielerinnen nur noch gelacht, wie so etwas möglich ist. Nun wartet auf den Novizen aus Nordafrika ein Achtelfinale gegen Frankreich in Adelaide (Dienstag, 13 Uhr/ZDF).
Wer den Coup ergründen will, muss Reynald Pedros zuhören. Ein früherer französischer Nationalspieler, der in seinem Habitus an seinen Landsmann und Marokkos Volksheld Walid Regragui erinnert, der mit der Männer-Nationalmannschaft in Katar ins Fußball-Geschichtsbuch kam. Die Parallelen in der Persönlichkeit sind frappierend. Beide Fußballlehrer, die auch Lehrer an einer Problemschule im Pariser Großraum sein könnten. Typ Sozialarbeiter.
Pedros hatte sich vor der Reise nach Down Under häufiger mit Regragui ausgetauscht, um einige Erfahrungen für seine Mission zu übernehmen. Es mutet fast kitschig an, dass sich jetzt der Kreis schließt. Der Siegeszug der „Löwen vom Atlas“ endete erst im Halbfinale gegen Frankreich, gegen denselben Gegner müssen auch die „Löwinnen“ ran. Für die Ambitionen von Pedros („Unser Ziel ist es nicht, im Achtelfinale aufzuhören“) ist die Konstellation wie gemalt.
Vor knapp drei Jahren kam schließlich ein Nationalcoach nach Marokko, der mit den Frauen von Olympique Lyon zuvor zweimal die Champions League gewann. Dem 51-Jährigen muss niemand erzählen, wo die Schwachstellen bei „Les Bleues“ liegen könnten. „Ich kenne die französische Nationalmannschaft sehr gut, das ist ein Vorteil“, sagt er. Auch bei seinen Spielerinnen bestehen Schnittmengen. Sechs von ihnen spielen in Frankreich. Aber nur Mittelfeldspielerin Lahmari und Talent Sarah Kassi kamen in der ersten Liga zum Einsatz.













