Auf den Superstar-Schreck folgt der WM-Rausch
n-tv
Sam Kerr guckt sich von der Bank aus an, wie ihr Team Australien bei der Fußball-Weltmeisterschaft so richtig ankommt. Der Sieg gegen Olympiasieger Kanada ist so verdient wie dominant. In den K.-o.-Spielen will die Stürmerin dann endlich mitmischen - und den Rausch miterleben.
In der Schlussphase wickelt sich Sam Kerr die Tapes von ihrer Wade. Ganz schön viel beigefarbenes Verbandsmaterial klebt, zuvor verborgen unter ihren türkisfarbenen Stutzen, an ihrem Bein. Als sie es endlich abgezogen hat, tut sie scherzhaft so, als würde sie es ihrer neben ihr sitzenden Teamkollegin ankleben wollen. Diese erschreckt sich, weicht auf der Auswechselbank zurück - und beide lachen befreit auf. Auch in dieser Szene abseits der WM-Partie zwischen Australien und Kanada zeigt sich das vorläufige Happy End.
Sie wäre wieder fit, hatte Kerr am Tag vor dem Spiel mitgeteilt. Eine Wadenverletzung im Abschlusstraining vor dem WM-Eröffnungsspiel hatte das Team und das ganze Land in einen Schockzustand versetzt. Jetzt atmeten alle kollektiv auf. Ihr Trainer Tony Gustavsson schränkte allerdings sofort ein: "Wir müssen genau abwägen, wie viele Minuten sie spielen kann und welche Risiken bestehen, sollten wir die K.-o.-Runde erreichen." Es ist ein riskantes Spiel mit dem Superstar vom FC Chelsea, denn für die Australierinnen zählt im letzten Gruppenspiel nur der Sieg. Sonst wäre nach Neuseeland auch der zweite Gastgeber früh im Turnier ausgeschieden.
Mit Bekanntgabe der Startaufstellungen zeigt sich: Kerr spielt zumindest zunächst nicht in der entscheidenden dritten Partie gegen die Olympiasiegerinnen. Sie muss es aber auch nicht, denn ihr Team legt furios los. Angefeuert von 27.706 euphorisierten Fans im Melbourne Rectangular Stadium trifft Hayley Raso schon nach 9 Minuten zum 1:0, in der 39. Minute legt sie nach. Als dann auch noch Mary Fowler (58.) trifft und von den Kanadierinnen wenig Zwingendes kommt, ist klar: Kerr muss an diesem Abend kein Risiko eingehen. Dass Kapitänin Steph Catley schließlich den 4:0-Endstand (90.+4, Foulelfmeter nach Videobeweis) herstellt, geht schon fast im Freudentaumel unter.