"Athleten Deutschland": "IOC steht an einem Tiefpunkt"
DW
Die Interessenvertretung "Athleten Deutschland" zieht ein negatives sportpolitisches Fazit der Olympischen Winterspiele in Peking, sieht aber für das IOC auch die Chance für eine Wende.
Die Olympischen Spiele in Peking sind beendet. Doch die Kritik am Gastgeberland und dem Internationalen Olympischen Komitee IOC verstummt damit keineswegs - auch nicht aus Sicht der Aktiven. Die Interessenvertretung "Athleten Deutschland" zog in seiner Pressemitteilung aus sportpolitischer Sicht ein bitteres Fazit.
Mehrere Vorfälle bei den Winterspielen hätten gezeigt, dass die "Kultur des Schweigens" beim IOC dringend beendet werden müsse: "Sie ist nach wie vor ungeeignet, gar kontraproduktiv, um die für den Sport schwierige Gratwanderung zu meistern, sich politisch nicht vereinnahmen zu lassen, völkerverständigend zu wirken und dabei seine Werte nicht zu verraten." Gegenüber der DW konkretisierte Geschäftsführer Johannes Herber: "Das IOC steht unserer Wahrnehmung nach an einem Tiefpunkt. Seine Integrität und Glaubwürdigkeit sind stark beschädigt."
Dem IOC lägen seit zwei Jahren Empfehlungen für eine Menschenrechtsstrategie vor, diese müssten dringend umgesetzt werden. "Es hat jetzt die Möglichkeit, durch konsequentes Handeln, insbesondere im Bereich seiner menschenrechtlichen Verantwortung, eine Wende herbeizuführen. Die IOC-"Agenda 2020+5" [für mehr Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeit Olympischer Spiele - Anm. d. Red.] enthält außerdem einige Anknüpfungspunkte, die dringend verfolgt werden müssen, um die Kohärenz zwischen den Werten des IOC und seinem Handeln wieder herzustellen." Es werde künftig "rote Linien" bei Vergabeentscheidungen geben müssen, deren Entscheidungskriterien auf Menschenrechtsstrategien fußten.
"Athleten Deutschland" macht sich für tiefgreifende Reformen im Weltsport stark. Es müsse eine "echte Gewaltenteilung einkehren, mit einer unabhängigen Schiedsgerichtsbarkeit und unabhängigen Aufsichtsorganisationen, die konsequent gegen Doping, Korruption und Missstände vorgehen und für den Schutz und die Rechte von Athleten und Athletinnen eintreten".
Dass das IOC den Walijewa-Skandal genutzt hat, um die Mindestalter-Diskussion wieder aufzumachen, befürwortet Herber: "Das IOC hat diese Debatte zu Recht eröffnet." Eine Altersgrenze könne gerade in Sportarten wie Eiskunstlaufen oder Turnen, in denen von Minderjährigen Höchstleistungen erwartet würden, die Kinder vor gnadenlosem Drill und exzessivem Leistungsdruck schützen.