"Armseliger US-Verbündeter": Scholz kämpft bei Biden um Deutschlands Ruf
ProSieben
Seit der Ukraine-Krise ist der deutsche Ruf in Washington lädiert. Eine amerikanische Zeitung nennt Deutschland "ein armseliges Exemplar eines US-Verbündeten". Kann Kanzler Scholz bei seinem Treffen mit US-Präsident Biden Zweifel an der Zuverlässigkeit ausräumen?
Bundeskanzler Olaf Scholz dürfte sich seinen Antrittsbesuch bei US-Präsident Joe Biden anders vorgestellt haben. Gemeinsam hätten die beiden Staatsmänner am Montag im Weißen Haus den von Biden beschworenen Neuanfang in den transatlantischen Beziehungen zelebrieren können. Seit seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr hat der US-Präsident immer wieder deutlich gemacht, wie wichtig ihm das Verhältnis besonders zu Berlin ist. Seit der Eskalation im Ukraine-Konflikt allerdings ist das deutsche Image in den USA angekratzt. Scholz dürfte sich nun in Washington mit Fragen nach der Zuverlässigkeit des Nato-Partners Deutschland konfrontiert sehen.
Zwar bekennt sich die Biden-Regierung offiziell weiter zum Verbündeten Deutschland. Hinter der diplomatischen Fassade haben sich aber längst Misstöne in die Debatte gemischt. Die USA und ihre Verbündeten fragten sich, "ob sie in der Russland-Ukraine-Krise auf Deutschland zählen können", schrieb das "Wall Street Journal" kürzlich. Der US-Sender NBC analysierte, die zögerliche Haltung von Europas führender Wirtschaftsmacht "droht, die Bemühungen um ein starkes und geeintes Auftreten gegen die russische Aggression zu untergraben". Die Boulevardzeitung "New York Post" nannte Deutschland "ein armseliges Exemplar eines US-Verbündeten".
Kritik in den USA macht sich unter anderem an diesen Punkten fest:
- NORD STREAM 2: Die Ostsee-Pipeline, die unter Umgehung der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland bringen soll, ist seit Jahren der größte Streitpunkt zwischen Washington und Berlin. Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan drohte Moskau am Sonntag im Sender NBC mit dem Aus des Projekts im Fall einer Invasion der Ukraine - er wollte auf Nachfrage aber nicht sagen, ob die Bundesregierung eine entsprechende Zusage gegeben hat. Ob Scholz Nord Stream 2 im Ernstfall wirklich als Sanktionsinstrument einsetzen würde, daran herrschen in den USA Zweifel. So schrieb etwa die "New York Post": "Es ist keineswegs klar, dass Deutschland die Pipeline aufgeben würde, selbst wenn russische Panzer auf Kiew zurollen."