Angola: Streit um den Leichnam des Ex-Präsidenten José Eduardo dos Santos
DW
Sechs Wochen vor den Wahlen beansprucht Präsident João Lourenço das politische Erbe des Langzeitautokraten. Angehörige wollen jedoch den Leichnam nicht freigeben. Die Ereignisse gleichen dem Drehbuch einer Telenovela.
Engste Verwandte des am Freitag verstorbenen Ex-Autokraten José Eduardo dos Santos erheben schwere Vorwürfe gegen Angolas amtierenden Präsidenten João Lourenço und seine Partei MPLA: Das gegenwärtige Regime habe kein Anrecht, das politische Erbe von José Eduardo dos Santos auszuschlachten. Im Gegenteil: Es sei sogar für den Tod von José Eduardo dos Santos mit-verantwortlich, behaupten die Angehörigen, und sie versuchen mit allen Mitteln, die Überführung der Leiche nach Angola zu verhindern.
38 Jahre lang regierte José Eduardo dos Santos Angola mit harter Hand. Über all die Jahre kontrollierte er seine Partei - die ehemalige Befreiungsbewegung MPLA - aber auch den Staatsapparat, die Einnahmen aus dem Öl- und Diamantengeschäft, das Militär und nicht zuletzt seine Bürger. Freunde und Verwandte belohnte er mit Geld, Macht und Posten. Seine Gegner ließ er verfolgen und bestrafen. 2017 zog er sich aus der Politik zurück und übergab die Macht an seinen Verteidigungsminister João Lourenço, den er selbst für seine Nachfolge aussuchte, der ihm später jedoch in den Rücken fiel.
Kaum war der Tod des 79-Jährigen verkündet, beeilte sich eben jener João Lourenço eine einwöchige Staatstrauer zu verhängen. Er, seine Regierung und seine Partei verneigten sich "mit großem Respekt und unendlicher Trauer vor der Lebensleistung dieses großen Staatsmanns. Dem Ex-Präsidenten von Angola, gebühre Anerkennung auf allerhöchster Ebene", hieß es in einer ersten Reaktion des Präsidenten. Lourenço ließ keinen Zweifel daran, dass seiner Regierung und seiner Partei das Recht gebühre, ein Staatsbegräbnis zu organisieren, wofür er eine zwölfköpfige Kommission einsetzte.
Doch der angolanische Staatschef machte die Rechnung ohne die Kinder des verstorbenen Ex-Präsidenten: Vor allem die zweitälteste Tochter, Tchizé dos Santos, ehemalige MPLA-Abgeordnete, Unternehmerin und derzeit Internet-Influencerin mit Wohnsitz in Großbritannien - versucht, Lourenço einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Tchizé dos Santos will nicht, dass die Leiche ihres Vaters nach Angolas transferiert wird, solange Lourenço an der Macht ist. "Das war der ausdrückliche Wunsch meines Vaters", sagt sie in einem fast 80-minütigen Statement auf Instagram. "Unser Vater war schwer enttäuscht von seinem Nachfolger. Er wollte von Lourenço nichts wissen. Er hat mir sogar gesagt, dass er es sogar vorziehen würde, wenn Oppositionsführer Adalberto Costa Júnior von der UNITA die nächste Wahl gewinnt", so Tchizé dos Santos weiter.