Almaty: Schüsse und Anstehen für Brot
DW
Die Lage in Almaty scheint sich nach den massiven Unruhen der vergangenen Tage zu stabilisieren. Mit welchen Problemen haben die Menschen jetzt zu kämpfen? Ein DW-Reporter war in der größten Stadt Kasachstans unterwegs.
Seit Tagen legt sich am Abend dichter Nebel auf Almaty. Dann sind Explosionen aus verschiedenen Teilen der Stadt zu hören, manchmal begleitet von graublauen Lichtblitzen, die vom trüben Schleier gedämpft werden. Immer wieder sind auch Schüsse zu hören.
Aber im Vergleich zu den vergangenen Tagen hat sich die Lage nach den Unruhen deutlich beruhigt. Die Bewohner der größten Stadt des Landes wagen sich inzwischen wieder raus. Viele hatten vor allem nach Einbruch der Dunkelheit Angst, ihre Häuser zu verlassen - nicht nur wegen der Ausgangssperre, die nach Beginn der Massenproteste verhängt worden war. Wer trotz der Sperrung des Internets unerwartet Netzzugang hatte, war schockiert von den Aufnahmen, die zeigen, wie eine junge Frau mit einem Kind von Kugeln getroffen wird. Wer auf sie schoss, ist unklar.
Nun sind wieder deutlich mehr Menschen auf den Straßen zu sehen. Viele von ihnen suchen kleine Lebensmittelläden in ihrer Nachbarschaft auf, denn die großen Supermärkte und Einkaufszentren der Stadt sind weiterhin geschlossen.
Askar Jermekow ist Besitzer eines Ladens. Er sagt, gefragt seien vor allem Brot und Nudeln. "Bevor ich meinen Laden öffne, muss ich vor der Brotfabrik lange anstehen. Wenn ich es schaffe, kaufe ich 50 Brote. Mein Geschäft öffne ich um 9 Uhr morgens und um 10 Uhr habe ich fast nichts mehr da, auch keine Nudeln und keine Milch. Jetzt überlege ich schon, wie ich den Einkauf für morgen schaffen soll", erzählt Askar. "Die Brotfabriken arbeiten zwar, aber das Problem ist, dass ihre Fahrer Angst haben und die Auslieferung an Läden verweigern."
Dennoch werden die Bewohner der Stadt offenbar mit genügend Brot versorgt. So backen jetzt die vielen kleinen Imbissbuden in den Stadtteilen auch Brot; sonst bieten sie eigentlich nur Schawarma und die Blätterteigtaschen Samsa an. Viele bereiten auch weitere Speisen nach kasachischer, uigurischer, usbekischer oder tadschikischer Tradition zu - Almaty ist eine multiethnische Stadt. Die Gerichte werden dann mit Autos in kleine Läden transportiert, wo sie kostenlos an Bedürftige verteilt werden. Gezählt wurden inzwischen über 7000 solcher Fahrten.