Abtreibungen: Afrika wird liberaler - nur auf dem Papier?
DW
Beim Thema Abtreibung geht der Trend in Afrika in eine andere Richtung als in den USA: Die Gesetzgebung in afrikanischen Ländern werde fortschrittlicher, sagen Experten. Doch die Lage ist widersprüchlich. Ein Überblick.
Nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA, das landesweit geltende Recht auf Schwangerschaftsabbrüche zu kippen, ist das Thema Abtreibungsrecht weltweit wieder auf der Agenda, auch auf dem afrikanischen Kontinent.
Fünf Tage nach der US-Entscheidung meldete sich der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation WHO, Tedros Ghebreyesus, zu Wort: Das Urteil in den USA sei ein Rückschlag gewesen - doch zugleich sei das Recht auf Abtreibung in den vergangenen 40 Jahren in vielen Regionen der Welt gestärkt worden. Und es sei wichtiger denn je, dieses Recht zu schützen: "Alle Frauen sollten das Recht haben, selbst über ihren Körper zu bestimmen. Punkt." Der WHO-Chef bezeichnete sichere Abtreibung als Gesundheitsfürsorge: "Sie rettet Leben. Einschränkungen dieses Rechts treiben Frauen und Mädchen zu unsicheren Abtreibungen, was zu Komplikationen führt, oder sogar zum Tod", so Tedros.
Die von der WHO definierten rechtlichen und medizinischen Standards, die auf einen besseren Zugang zu sicherer Abtreibung zielen, werden von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen, die in Afrika tätig sind, unterstützt. Eine der auf dem Gebiet des Abtreibungsrechts aktivsten Organisationen ist das in New York ansässige Center for Reproductive Rights (CRR), das sich zum Ziel gesetzt hat, reproduktive Rechte wie Abtreibung voranzutreiben. Das CRR wirkt beratend auf Gesetzgeber in Afrika ein und unterstützt Frauenorganisationen und Familien in Afrika mit Geld, Know-how, Rechtschutz und Rechtsberatung. Das erklärte Ziel dieser und ähnlicher Organisationen: Gerade in den ärmeren, bevölkerungsreichsten Ländern Afrikas sollen Frauen einen leichten und legalen Zugang zu sicheren Abtreibungen bekommen.
Eine Arbeit, die in vielen Ländern Afrikas zunehmend die gewünschten Effekte und Ergebnisse bringt: zum Beispiel in Benin. Dort hat das Parlament, nach langen und kontroversen Auseinandersetzungen, 2021 viele bis dahin geltende Einschränkungen des Rechts der Frauen auf Schwangerschaftsabbruch aufgehoben. Bis zum vergangenen Jahr waren in Benin Abtreibungen nur erlaubt, wenn das Leben der werdenden Mutter in Gefahr war oder wenn die Schwangerschaft aus Vergewaltigung oder Inzest resultierte.
Benin reihte sich damit in die Liste der Länder Afrikas ein, die Frauen unter gewissen Bedingungen die Möglichkeit einräumen, Abtreibungen legal und sicher vorzunehmen. Eine ähnlich liberale Gesetzgebung wie Benin haben auf dem afrikanischen Kontinent Tunesien, Südafrika, Kap Verde und Mosambik.