
"Absurd, dass Opfer ihren Schutz bezahlen müssen"
n-tv
Die Fälle häuslicher Gewalt steigen gegenüber dem Pandemiejahr um fast zehn Prozent, die meisten Betroffenen sind Frauen. Elisabeth Oberthuer von der Frauenhauskoordinierung wundert der erschreckende Anstieg nicht. Im Gespräch mit ntv.de fordert sie Investitionen in frühzeitige Prävention und in das Schutzsystem für Gewaltopfer. Denn dies sei in Deutschland ein riesiger Flickenteppich - mit verheerenden Folgen für die Betroffenen.
ntv.de: In den Pandemiejahren sind die Zahlen häuslicher Gewalt gestiegen. Die Belastungen und Beschränkungen sind längst vorbei - trotzdem steigen die Fälle weiter deutlich an, wie neue Daten der Innenministerien und Landeskriminalämter zeigen. Woran liegt das?
Elisabeth Oberthür: Es ist für uns wenig überraschend, dass die Zahlen nach Pandemie und Lockdown erst verzögert ansteigen. Zum einen aus praktischen Gründen: In einer Zeit, in der man mit dem Partner auf engem Raum isoliert war, war es schlichtweg schwieriger, die Koffer zu packen und die Wohnung zu verlassen oder sich unbemerkt Hilfe zu suchen. Solchen verzögerten Anstieg von Anzeigen häuslicher Gewalt nach Phasen räumlicher Enge erleben wir zum Beispiel auch nach der Weihnachtszeit oder Silvester. Zum anderen ist es selten so, dass es nur einen Gewaltvorfall braucht, damit sich die Betroffenen an Polizei oder Beratungsstellen wenden. Im Gegenteil: Bevor das passiert, vergehen oft Monate oder sogar Jahre, in denen die Betroffenen Gewalt erleben.
Das heißt, die Aggressionen, die in der Pandemie entstanden sind, halten an?
