„Sie hatte bis ins Detail Kenntnis von den praktizierten Tötungsarten“
Die Welt
Am zweiten Verhandlungstag des NS-Prozesses von Itzehoe ist auch die 96-jährige angeklagte Irmgard Furchner zugegen. Sie zeigt sich nur vermummt und spricht nicht. Ihr Verteidiger betont: Sie habe keine strafrechtliche Schuld auf sich geladen.
Sie hat die knochigen Hände gefaltet, darin liegt eine Sonnenbrille. Ab und an fasst sie sich durchs weiße, lockige Haar, blickt an die Decke oder schaut in den Zuschauerraum. Als ihre Maske auf den Boden fällt, hebt die Angeklagte sie rasch wieder auf. Kein Zweifel, Irmgard Furchner weiß, wo sie ist. Trotz ihrer 96 Jahre wirkt sie gesund genug, sich die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft anzuhören, die Staatsanwältin Maxi Wantzen in der Anklageschrift verliest: Beihilfe zum Mord in 11.430 Fällen soll die ehemalige Sekretärin geleistet haben, in dem sie für den damaligen KZ-Kommandanten Paul Werner Hoppe Deportationslisten erstellte, Befehle abtippte oder Briefe schrieb.
Einer der letzten NS-Verfahren begann vor drei Wochen mit einer Peinlichkeit für das Landgericht Itzehoe. Obwohl Furchner schriftlich ankündigte, zum ersten Verhandlungstag am 30. September nicht kommen zu wollen, ging die Kammer wohl davon aus, dass sie dennoch erscheinen würde.