
„Es ist ein perfektes System, um jede Kritik zu verhindern“
Die Welt
Zehn Jahre lang hat Peter Boghossian in Portland Philosophie gelehrt. Jetzt hat er gekündigt. Ein Gespräch über Universitätsleitungen, die Einspruch als Belästigung definieren, das Verschwinden der Originalität aus der Forschung, und über den Punkt, an dem es unmöglich wird, miteinander zu sprechen.
WELT: Wie würden Sie die Atmosphäre an Ihrer Universität beschreiben?Peter Boghossian: Es ist ein ständiger Eiertanz, alle haben Angst. Die vielen Studenten, mit denen ich gesprochen habe, mögen die Atmosphäre nicht. Sie mögen den Mangel an Freiheit ebensowenig wie die Tatsache, dass sie keine herausfordernden Fragen zu bestimmten Dingen stellen können. Fragen speziell zu Themen wie Hautfarbe, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Transgender sind einfach eine rote Zone. Das universitäre Umfeld ist also, wenn man die vorherrschende Orthodoxie in Frage stellt, von Angst geprägt. Ich selbst wachte jeden Tag auf, schaute in mein E-Mail-Postfach an und sah die Zahl der Universitäts-E-Mails von null auf hundert steigen. Stets fragte ich mich, wer sich über mich beschwert und welche Untersuchungen gegen mich geführt werden. Es wird also ein Angstklima geschaffen, um die Leute bei der Stange zu halten und zu verhindern, dass etwas in Frage gestellt wird. Darum fühle ich mich jetzt so frei: Ich muss mich einfach nicht mehr damit auseinandersetzen.WELT: Und dieses Angstklima hält Studenten und Professoren davon ab, sich frei zu äußern – es schränkt die Redefreiheit ein.
